Grüße von der Hallig Norderoog

Nun sind schon etwas mehr als 3 Monate vergangen, seit ich auf Norderoog eingezogen bin – Zeit, für einen kleinen Bericht. Zuerst noch einmal zu mir, wenn auch etwas spät:

Moin allerseits, ich bin Elisabeth, eigentlich Biologie Master-Studentin in Hamburg, aber dieses Semester beurlaubt – denn ich bin die Nachfolgerin von Jannis als Vogelwartin des Verein Jordsand auf Hallig Norderoog. Aktuell ist hier das Brutgeschäft im vollen Gange. Während ich diese Zeilen schreibe, brüten zu meinen Füßen die Fluss- und Küstenseeschwalben um die Hütten herum und machen dabei auch vom Hüttengeländer lauthals auf ihre Anwesenheit aufmerksam („krri-ärrrr“).

Die allerersten Brandseeschwalbenküken sind schon Ende Mai geschlüpft und die Lachmöwenküken sind sowieso schon ziemlich groß und watscheln über die Hallig. Auch zwischen den Lahnungen sieht man die großen braunen Eiderentenweibchen mit ihren kleinen braunen, plüschigen Küken schwimmen und von rund um mich in der Salzwiese tütert es, wenn die Rotschenkel ihren Nachwuchs vor einer möglichen Gefahr warnen.

Dass es doch so viele Vögel gibt, die hier diese Saison erfolgreich brüten konnten, macht mich unglaublich glücklich! Denn zu Beginn meiner Zeit hier sah es schlecht aus für die Brutvögel, zwei große Probleme machten mir (und vor allem ihnen!) zu schaffen: Wie wird es in diesem Jahr mit der Vogelgrippe? Und: Wanderratten auf Norderoog!

Gegen ersteres kann man nicht viel unternehmen, da heißt es abwarten, beobachten und das Beste hoffen. So mache ich das auch immer noch, denn die Gefahr eines Ausbruchs ist noch nicht vorüber…

 

Aber gegen die Ratten konnte ich etwas tun und davon waren meine ersten Wochen hier geprägt. Gemeinsam mit ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter:innen des Vereins und der Schutzstation Wattenmeer stellte ich Fallen auf der Hallig auf, in der Hoffnung, möglichst viele der Raubsäuger zu fangen. Keine schöne Aufgabe (um ehrlich zu sein, hatte ich mir die erste Zeit hier anders vorgestellt), aber eine notwendige. Das weiß ich nur zu gut, denn meine Bachelorarbeit habe ich vor zwei Jahren zufällig genau zu dem Thema Prädation von Bodenbrütern durch Wanderratten geschrieben. Ergebnis: Es sieht schlecht aus für die Vögel, wenn Ratten in der Nähe sind – vor allem an Orten, an denen sie eigentlich nicht sein sollten wie auf abgelegenen Halligen im Nationalpark. Auch die Ergebnisse des zweijährigen Prädationsmonitorings auf den Halligen Hooge, Langeneß und Oland der Schutzstation Wattenmeer haben gezeigt, dass die Anwesenheit von Wanderratten zu einem Totalausfall der Brutsaison führen kann und nicht nur Eier und Küken gefährdet sind, sondern z.B. auch adulte Seeschwalben (weiterführende Links zu dem Thema s.u.).

Während ich etwas gegen die Ratten unternahm, kamen im April auf der Hallig immer mehr Brutvögel an. Jeden Tag saßen ein paar mehr Vögel im Watt und auf den Lahnungen, jeden Tag dachte ich mir: „Das waren gestern aber noch nicht so viele, oder?“. Schnell Fernglas und Zähluhr zücken! Tatsächlich, mehr als gestern… Vor allem die Ankunft der Fluss-, Küsten- und Brandseeschwalben auf Norderoog habe ich jeden Tag mit Spannung verfolgt und mich über jeden Vogel gefreut. (Dabei muss ich zugeben, dass ich zunächst Schwierigkeiten mit dem Auseinanderhalten der beiden rotfüßigen Arten hatte… Mittlerweile geht das zum Glück ganz gut!)

Auch auf dem vorgelagerten Norderoogsand (der eigentlich einen eigenen Beitrag wert ist, so ein wunderschöner, unwirklicher Lebensraum!) war ich bei der zweiwöchigen Springtidenzählung erstaunt, wie viele Zugvögel sich im Wattenmeer einfanden! Die großen Schwärme von Limikolen (Watvögel), von denen ich natürlich schon gehört und Fotos gesehen hatte, konnte ich nun ganz nah mit eigenen Augen sehen. Aber so schön und faszinierend ich die Flugformationen der vielen Sanderlinge, Alpenstrandläufer, Knutts, Pfuhlschnepfen und Co. finde, wenn sie genau dann wieder aufflogen, wenn ich den Schwarm gerade zum zweiten Mal halb gezählt hatte, brachte mich das zur Verzweiflung!

Mit der Ankunft der Vögel begann ihre Balz und die Suche nach einem geeigneten Brutplatz. Auch das eine unglaublich schöne und spannende Zeit für mich, denn ich bin hier wirklich mittendrin im Geschehen! Noch nie vorher habe ich beobachtet, wie sich Rotschenkel bei der Balz laut tüternd im Kreis jagen. Oder wie sich die Fluss- und Küstenseeschwalben kleine Balzfischchen bringen (Partnerin bettelt), erst ein paar Runden drehen (Partnerin bettelt weiter) dann endlich den Fisch übergeben (Schluck! Weg ist er!) und stolz den Hals recken und die Flügel spreizen. Oder wie die Brandseeschwalben sich einen kleinen Fleck Watt oder Salzwiese suchen (Hack mit dem Schnabel auf jene, die nicht schnell genug Platz machen!) und, Flügel ineinander verhakt, miteinander im Kreis tanzen…

Zu meinen Aufgaben als Vogelwartin während der Brutzeit gehört auch die Brutvogelkartierung, bei der ich durch genaues Beobachten herausfinden soll, welche und wie viele Vögel wo genau brüten. Klingt einfach, ist es aber gar nicht! Denn zum Schutz der Brutvögel bewege ich mich nur auf dem Umlauf der Hütten und den Bohlenwegen, die unter ihnen entlanglaufen. Das Beobachten findet also immer vom selben Punkt aus statt. Anfangs kann ich die Hallig von hier auch noch recht gut überblicken. Aber je weiter der Frühling voranschreitet, desto höher wächst die Vegetation. Auf einmal sind erst keine Beine, dann keine Vogelkörper mehr zu sehen, nur noch die Hälse und Köpfe und auch die verschwinden viel zu schnell! Zum Glück hatte ich bei meiner Aufgabe einen – eigentlich mehrere – Verbündete (die nicht wussten, dass sie mir halfen): Die Seeadler.

Auf dem Norderoogsand hielten sich in diesem Jahr sehr viele der großen, majestätischen Greifvögel auf und sie flogen allein oder mit mehreren nach Norderoog in der Hoffnung auf eine Mahlzeit. Ihre Anwesenheit hier sorgte für Empörung unter den Brutvögeln – wie die weiße Gischt einer Welle auf dem Meer flogen sie von einer Seite der Hallig zur anderen auf und versuchten gemeinsam, den Eindringling zu vertreiben. Egal, wer am Ende erfolgreich war – Seeadler oder Brutvögel – ich zückte in solchen Gelegenheiten meine Kamera und fotografierte alles, was ich sah. Anhand der Fotos konnte ich dann auszählen, wie viele Brutvögel sich auf Norderoog befinden. In diesem Jahr gibt es hier eine sehr große Lachmöwenkolonie mit über 2.300 Brutpaaren und sogar um die 4.000 Brutpaare Brandseeschwalben!

Als nächstes steht vor allem an, die Daumen für die Küken zu drücken und im Watt Ausschau nach flüggen Jungvögeln zu halten (also solchen, die schon fliegen können). Darauf freue ich mich schon sehr! Wenn ich jedoch daran denke, dass nun schon fast die Hälfte meines Aufenthalts auf diesem besonderen Fleck Erde vorüber ist, bin ich etwas traurig. Wo ist die Zeit geblieben? Aber so ist das mit dem Zeitgefühl, wenn einem viel Neues passiert. Immer, wenn ich glaube, nun sei hier der Alltag eingekehrt, hat Norderoog wieder eine Überraschung parat – und das ist wunderschön! Es gibt noch so vieles, was ich hier tun und entdecken kann und möchte… Davon werde ich in einem nächsten Blogbeitrag berichten. Bis dahin – geht raus, schaut um euch und genießt den Sommer!

 

 

Eure Elisabeth

Kontakt

Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e. V.

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