Hooge. Noch ist Jannis Dimmlich allein, doch bald werden zehntausende Seeschwalben, Möwen und andere Seevögel seine direkten Nachbarn sein. Der 27-jährige Ornithologe ist seit wenigen Tagen der neue Vogelwart auf Hallig Norderoog. Im Auftrag des Vereins Jordsand ist er von April bis Oktober im Naturschutzeinsatz mitten in der Kernzone des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.
Die Zählung der rastenden und brütenden See- und Küstenvögel ist Dimmlichs Hauptaufgabe. Zusammen mit den Zähldaten vieler weiterer Naturschützer:innen an der gesamten Küste bilden seine Beobachtungen eine wichtige Grundlage, um Bestandsrückgänge in der Vogelwelt frühzeitig zu erkennen und passende Naturschutzmaßnahmen zu ergreifen. „Ich freue mich auf die Saison auf Norderoog und die Möglichkeit, die dort brütenden Vögel von der Ankunft, über den Schlupf bis zum Abzug als Vogelwart beobachten zu können“, begeistert sich Dimmlich.
Neben den täglichen Vogelzählungen unterstützt Dimmlich mehrere Forschungsprojekte im Bereich Klimawandel und Küstenschutz, für die auf der Hallig Daten gesammelt werden. Nach dem die Küken flügge sind, kommen auch geführte Besucher:innengruppen durchs Watt zu ihm auf die Hallig, die man ansonsten zum Schutz der Tiere und Pflanzen ausdrücklich nicht betreten darf. Den Gästen berichtet er dann von der Natur und seinem Leben auf der Hallig.
Die Versorgung des Vogelwarts auf der abgelegen Hallig, 25 Kilometer vom Festland entfernt, erfolgt per Schiff. Regelmäßig wird Dimmlich sich aber bei Ebbe zudem selbstständig auf den Weg zur benachbarten Hallig Hooge machen, um dort zu duschen und Wäsche zu waschen, denn fließend Wasser gibt es auf Norderoog nicht.
Seit 1909 ist die Hallig im Privatbesitz des Vereins Jordsand. Da heutzutage an der Küste so gut wie keine Ausweichflächen für bodenbrütende Seevögel mehr zu finden sind und bei zunehmendem Tourismus Rückzugsgebiete für Tiere immer wichtiger werden, steckt der Naturschutzverein viel Energie und Geld in den Schutz der Hallig und seiner gefiederten Bewohner. Mehr als 40 Jahre lang sicherte der Verein Jordsand die Hallig mit selbstgebauten Lahnungen vor Sturmfluten. Diese wurden jeden Sommer von freiwilligen Helfer:innen in Handarbeit errichtet. Mittlerweile bildet der vorgelagerte Norderoogsand einen natürlichen Schutzwall für die Hallig. Der Zustand wird jedes Jahr vor der Brutzeit durch eine gemeinsame Begehung mit Mitarbeiter:innen des Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) neu bewertet.